Die Nutria hat Europa für sich entdeckt

Die Nutria: In Prag längst kein seltener Anblick mehr
Die Nutria: In Prag längst kein seltener Anblick mehr. (Bild © Anna Schertler / Universität Wien)

Die Nutria wird häufig mit Bisamratten oder Bibern verwechselt, so wird sie auch oft einfach „Biberratte“ genannt. Es handelt sich aber doch um ein ganz anderes Tier. Sie gehört zu der Familie der sogenannten Stachelratten, ist aber gleichzeitig auch mit den Meerschweinchen verwandt. Und mit Bisamratten verstehen sich diese Tiere nicht besonders gut. Im Gegenteil: Obwohl die Nutrias kleiner sind, haben sie die Bestände der Bisamratten in Europa etwas zurückgedrängt.

Wie kam die Nutria nach Deutschland?

Nutrias lieben das suptropische und gemäßigte Klima und leben an Flüssen, Seen, Teichen und Sümpfen. Eigentlich ist dieses Tier in Südamerika heimisch. Inzwischen gibt es allerdings auch große Bestände in Nordamerika und Eurasien. Denn der Mensch begann sich für die Pelze und auch das Fleisch dieser Nagetiere zu interessieren und Nutrias auf Farmen zu halten. Ihre Verbreitung ist vermutlich durch entflohene Tiere und gezielte Auswilderungen zu begründen. In Europa war das nicht anders. Schon Ende des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten Farmen, in denen Nutrias gehalten wurden. Ende des 20. Jahrhundert kamen aber Nutriapelz und -Fleisch wieder aus der Mode, so dass auch die entkommenen oder ausgewilderten Tiere kaum mehr gejagt wurden. Ihrer Verbreitung in Ländern wie Frankreich, Italien, Tschechien und Deutschland stand damit also kaum noch etwas im Wege. Wie Wissenschaftler in einer neuen Studie herausfanden, ist allerdings jetzt – durch den Klimawandel und die milderen Winter – mit einer noch stärkeren Vergrößerung der Bestände zu rechnen.

Wo es Wasser gibt, sind auch immer mehr Nutrias zu beobachten.
Wo es Wasser gibt, sind auch immer mehr Nutrias zu beobachten. (Bild © Martin Krchnacek / unsplash.com)

Die Nutria erobert die Wasserwege

Bereits jetzt ist das Nagetier an etlichen Gewässern in Deutschland anzutreffen. Insgesamt haben sich hierzulande die Nutriabestände in diesem Jahrtausend mehr als verdoppelt. Besonders viele der Tiere haben sich im Osten Deutschlands – insbesondere im Spreewald – angesiedelt. Nach den Ergebnissen der neuen Studie zum Vorkommen der Nutrias in Europa ist es wahrscheinlich, dass sie durch die Abmilderung der Winter in den kommenden Jahren auch stärker die nördlichen Flüsse und Seen besiedeln werden. In ihren Revieren bauen sie sich Schilfnester oder auch lange unterirdische Höhlensysteme, in die sie sich zurückziehen können. Dennoch sind sie eigentlich kontaktfreudige Tiere, die selbst in städtischen Gewässern aus ihren Behausungen herauskommen und sich die Mitbewohner ihres Reviers ganz genau aus der Nähe angucken.

Nutrias halten keinen Winterschlaf. Daher überstehen sie in der Regel auch keine besonders harten Winter. Ansonsten handelt es sich bei ihnen allerdings nicht um besonders empfindliche oder anspruchsvolle Tiere. Sie ernähren sich überwiegend von allen möglichen Bestandteilen der Pflazen und Früchte, die sie in ihrem Revier finden. Nur selten fressen sie auch mal Kleintiere, wie Schnecken, Muscheln oder Würmer. Manche der Nutrias leben zu zweit – andere widerum in großen Familiengruppen von bis zu 15 Tieren. Mehrmals im Jahr können sie Nachwuchs bekommen und das in Würfen von 6 bis 8 Jungtieren, die schon bei der Geburt sehen können. Aktiv sind diese Tiere zu jeder Tages- und Nachtzeit, am liebsten allerdings in der Dämmerung.

Buntes Fell und orangefarbene Zähne

Die Farbe des Fells der Nutrias kann ganz unterschiedlich ausfallen. In der Regel ist es braun und ein bisschen rötlich, am Bauch kann es auch gräulich sein. Da die Nutria aber lange ein beliebter Pelzlieferant war, gibt es unter den Nachfahren der aus Pelzfarmen entlaufenen oder ausgewilderten Zucht-Tiere auch andere Farbgebungen. Manche Nutrias sind fast weiß, andere schwarz oder gelb. Die orangefarbenen Zähne sind dagegen ein Erkennungsmerkmal aller dieser Tiere.

 Fünf bis sechs Jungtier pro Wurf: Die Nutrias sind vermehrungsfreudige Tiere...
Sechs bis acht Jungtiere pro Wurf: Die Nutrias sind vermehrungsfreudige Tiere… (Bild © Pavel Nekoranec / unsplash.com)

Die Nutria bringt Vor- und Nachteile mit sich

Durch die Verbreitung der Nutria ist die Ausbreitung der ursprünglich auch nicht heimischen Bisamratten etwas eingedämmt worden. Aber genauso wie diese Tiere kann auch die Nutria Schäden an Wasserbauanlagen anrichten. Denn durch die unterirdischen Gänge, die sie baut, besteht die Gefahr einer Unterhöhlung von Uferbereichen und Deichanlagen. Die von den Tieren angelegten Hohlräume sind so groß, dass im schlimmsten Fall das Erdreich einstürzen kann. Ein Grund, warum in den Niederlanden die Jagd auf die Nutrias und andere Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Einwanderung dieser Tiere intensiviert worden sind.

Die neue Studie zum Vorkommen der Nutria in Europa stammt von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der Universität Wien. In ihrer Untersuchung trugen sie alle Vorkommensdaten der letzten Jahrzehnte auf dem Kontinent zusammen und ermittelten, unter welchen klimatischen Bedingungen sich diese Tierart besonders gut halten kann.

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